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Dachbegrünung - Ökobilanz

Bauteile

Begrünungsmaßnahmen für Flachdächer und leicht geneigte Dächer bis ca. 35 ° Neigung.
Über 40 % der bundesdeutschen Städte haben ein Konzept zur Förderung von Dachbegrünungen vorgelegt.

Zusammenfassung

Die Begrünungsarten für Gründächer reichen von extensiver karger Vegetation bis zu intensiven Grünflächen mit üppigem Strauch- und Baumbewuchs. Mit der intensiven Begrünung steigt auch der Aufwand für Dach- und Vegetationsaufbau, Pflege und Unterhalt. Einfache Gründächer bestehen lediglich aus einer wurzelfesten Dachabdichtung, einer Drainageschicht und einer Vegetationsschicht (Substrat) mit extensiver Dachbegrünung. Das Substrat ist der Ersatz für Humus und soll Feuchtigkeit speichern und den Wurzeln genügend Halt geben. Ein äußerst mageres, aus biologischer Sicht aber wirksames Substrat ist ungewaschener Kies (bei Sanierungsdächern kann hierfür auch das abgeräumte Kiesmaterial eingesetzt werden). Andere Substrate, die auf dem Markt angeboten werden, sind zwar leichter aber auch teurer. Als Substrat wird neuerdings anstelle von energieaufwendig hergestelltem Blähton auch Ziegelbruch angeboten, doch es muß gewährleistet sein, dass spitzes und scharfkantiges Material nicht in den Bereich der Dachabdichtung gelangen kann, sonst sind Schäden an der Abdichtung möglich.
Extensive Dachbegrünungen kommen mit 5-15 cm magerem Substrat (z.B. Betonkies) aus. Ihre Bepflanzung setzt sich aus einheimischen niederwüchsigen Kräutern und Gräsern zusammen, welche längere Trockenperioden überstehen. Diese Pflanzendecke benötigt, abgesehen von einer zweijährigen Startphase, in der Regel nicht mehr Pflegeaufwand als ein unbegrüntes Kiesdach, übernimmt aber zusätzliche Funktionen.
Neuerdings werden auch sog. Einschichtbegrünungen angeboten, bei denen die Funktionen der Pflanzentragschicht, der Filter-, Sicker- und Drainagelage innerhalb einer Schicht erfüllt werden. Solche wegen der Materialbeschränkung ökologisch an sich begrüßenswerten Substrate entmischen sich aber nicht selten schon während des Transportes oder später auf dem Dach und verlieren damit ihre Funktion. Schütterer Bewuchs sowie Schäden an der Abdichtung und damit geringe Nachhaltigkeit können die Folge sein.
Eine fachgerecht nach den FLL-Richtlinien ausgeführte Dachbegrünung bringt eine Reihe ökonomischer, gebäudetechnischer und ökologischer Vorteile mit sich. So steht z.B. den geringen Mehrkosten für die Erstellung eine längere Lebensdauer der Dachhaut gegenüber. Die Materialbeanspruchung und -alterung nimmt ab, weil die täglichen und auch längerfristigen Temperaturschwankungen im Dachaufbau um rund zwei Drittel verringert werden. Zudem ist das Schadenrisiko kleiner. Berechnungen haben ergeben, dass extensiv begrünte Flachdächer trotz höherer Anfangsinvestitionen aufgrund der längeren Lebensdauer mindestens genauso wirtschaftlich sind wie Kiesdächer (Tab. 1 und Tab. 2). Des weiteren ergeben sich Einsparungen der Kosten für die Kanalisation, weil Ausbauten der Wasserentsorgungssysteme eingeschränkt und die Kosten, insbesondere bei Neuerschließungen, reduziert werden können (Ableitung in die Kanalisation nur dann, wenn die Versickerung nicht möglich ist).
Die Dachbegrünung trägt auch zur Verbesserung des Raumklimas bei. In den unter dem Dach liegenden Räumen herrschen insbesondere im Sommer ausgeglichenere Temperaturen. Aufgrund der Schallabsorption durch das Substrat und die diffuse Beschaffenheit der Vegetation vermindert sich die Lärmbelastung, vor allem von Fluglärm. Durch die gleichmäßige dichte gehölzfreie Vegetation von Extensivberünungen wird außerdem die Besiedelung mit wurzelaggressiven Pioniergehölzen erschwert. Solche Pioniergehölze können sich auf unbegrünten Kiesdächern leichter ansiedeln und die Dachhaut schädigen.
Zu den ökologischen Vorteilen der Dachbegrünung zählt die Fähigkeit, Niederschlagswasser zurückzuhalten, d.h. das Wasser je nach System bis zu 50 % aufzunehmen und zu speichern. Dadurch verzögert sich das Abfließen der Niederschläge und vermindert sich infolge Verdunstung. Auch für das Siedlungs- und Stadtklima ergibt sich eine Verbesserung aufgrund der Verringerung der Temperaturamplituden und des Luftfeuchtigkeitsausgleichs. Durch die Vegetation und das Substrat werden gasförmige Schadstoffe, Ruß- und Staubpartikel ausgekämmt, absorbiert und unschädlich gebunden und somit die Luftqualität verbessert. Die Substratschicht filtert und neutralisiert zugleich einen Teil der im Regen enthaltenen Gift- und Schmutzstoffe.
Nicht zuletzt schaffen Dachbegrünungen Ersatzflächen für Bodenverlust. Durch die doppelte Nutzung der vom Bauen beanspruchten Fläche - Gebäude plus „Grünfläche“ - kann der Verlust an Vegetationsfläche wenigstens teilweise wettgemacht werden. Begrünte Dächer lockern außerdem eintönige Siedlungsbilder auf, vergrößern den optisch wahrnehmbaren Freiraum und tragen zur harmonischen Eingliederung von Bauten in die Landschaft bei. Darüber hinaus stellen sie Lebensräume für viele, oftmals selten gewordene Tier- und Pflanzenarten dar (z.B. Magerwiesenpflanzen und Schmetterlinge).
Fazit:
Mit einer Extensivbegrünung (Schichtdicke 8-10 cm) soll eine Artenvielfalt aus einheimischen Trocken- und Halbtrockengattungen entstehen, nach Möglichkeit unter Einbezug von bedrohten Pflanzenarten. Die Vegetation erneuert sich von selbst und benötigt keine Bewässerung, Düngemittel oder Schnitte. Gleichzeitig erhält das Dach mit der Begrünung einen wirksamen Schutz gegen UV-bedingte Materialalterung und Temperaturspannungen. Einschließlich der ökologischen Vorteile wie Verringerung von Flächenversiegelung, Retention von Regenwasser und Verbesserung des Kleinklimas ist die Dachbegrünung für Flachdächer und leicht geneigte Dächer der Schutzaufbau mit der größtmöglichen Nachhaltigkeit.

Quellen

Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V.: FLL-Richtlinien www.fll.de/
Bundesverband Garten-, Landschaftsund Sportplatzbau e.V.: Regenwassermanagement natürlich mit Dachbegrünung, Bad Honnef 1998

Die vorliegenden Datenblätter wurden mit freundlicher Genehmigung des Blok Verlag dem Buch "Nachhaltiges Bauen in der Praxis" entnommen.

Verfasser der Baustoff-Datenblätter:
Bernhard Kolb, seit über 30 Jahren tätig im Bereich energieeffizientes und nachhaltiges Bauen. Zahlreiche Veröffentlichungen zum Thema.

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